Das Problem der Scheinselbstständigkeit bedeutet keineswegs, dass es keine freien Mitarbeiter mehr gibt, aber die nachprüfbaren Anforderungen wurden drastisch erhöht. Die auf eine Scheinselbständigkeit hinweisenden Elemente sind nie abschließend festgelegt worden. Es besteht keine gesetzliche Regel. Die Rechtsprechung hat lediglich Kriterien zusammengestellt, bei deren Vorliegen oder überwiegendem Vorliegen auch nach wie vor von Scheinselbständigkeit ausgegangen wird. Diese Kriterien waren:
persönliche Abhängigkeit
Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit
feste Arbeitszeiten
Ausübung der Tätigkeit gleich bleibend an einem bestimmten Ort
feste Bezüge
Urlaubsanspruch
Anspruch auf sonstige Sozialleistungen
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Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall
–
Überstundenvergütung
zeitlicher Umfang der Dienstleistungen
Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit
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keine Unternehmerinitiative
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kein Kapitaleinsatz
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keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln
Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern
Eingliederung in den Betrieb
Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs
Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist
Neuerdings werden folgende Elemente als Indizien für die Scheinselbstständigkeit hinzugefügt:
keine eigene Praxis (wobei unter eigener Praxis nicht ein entsprechend zur Behandlung geeigneter Wohnraum angesehen werden darf, sondern eine in sich abgeschlossene Praxiseinheit, in der keine Wohnbedürfnisse erfüllt werden können.
–
gleiche Arbeiten, die von Angestellten und freien Mitarbeitern erledigt werden. Diese nicht ganz verständliche Aussage stammt vom Sozialgericht Augsburg (6.3.2013, S 14 R 1182/10).
Wichtig für die Beurteilung, ob Sie selbstständig sind, ist vor allem die Ausgestaltung von Verträgen mit Ihren Geschäftspartnern. Aber nicht immer sind die Worte auf dem Papier deckungsgleich mit der Realität. Es kommt auf die tatsächlichen Verhältnisse im beruflichen Alltag an.
und:
Der Selbständige sollte seine Arbeitszeit auf jeden Fall selber gestalten.
Er sollte einen eigenen Urlaubsplan erstellen.
Er muss darauf achten, nicht an Weisungen des Auftraggebers bezüglich der zu leistenden Stunden gebunden zu sein.
Der Unternehmer sollte sich die Möglichkeit vorbehalten eigene sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer einzustellen, wann und so viel er möchte.
Es ist zweckdienlich, wenn der Selbständige für mehrere Auftraggeber tätig ist.
Er sollte ein eigenes Firmenlogo, eigene Briefbögen mit Briefkopf und falls er Arbeitsräume hat auch ein eigenes Firmenschild besitzen.
Tritt der Selbständige in der Arbeitskleidung des Auftraggebers auf, lässt dies schnell die Vermutung einer Scheinselbständigkeit aufkommen.
Durch Scheinselbständigkeit sparen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Sozialversicherungsbeiträge und die mit einer Festanstellung verbundenen rechtlichen Vorteile für einen Arbeitnehmer entfallen.
d.h. bei Feststellung von Scheinselbständigkeit:
Für den Selbständigen und seinen Auftraggeber hat das die Konsequenz, dass Beiträge eventuell über Jahre nachgezahlt werden müssen.
Für das Anfrageverfahren zur Statusklärung, ob Scheinselbständigkeit vorliegt, ist die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund zuständig.
Diesen Antrag kann entweder der Auftragnehmer oder der Auftraggeber stellen. Die Eröffnung des Anfrageverfahrens nach Scheinselbständigkeit ist aber nur möglich, wenn die Deutsche Rentenversicherung bis dato nicht schon selbst ein Verfahren eingeleitet hat, in dem geklärt werden soll, ob Scheinselbständigkeit vorliegt.
Dabei wird innerhalb des Verfahrens die Ermittlung, ob Scheinselbständigkeit vorliegt, auf die Gesamtsituation des Betroffenen abgestellt. Vom Gesetzgeber wurde die Deutsche Rentenversicherung darüber hinaus dazu verpflichtet, vor der endgültigen Entscheidung, ob Scheinselbständigkeit vorliegt oder nicht, die Beteiligten darüber vorab in Kenntnis zu setzen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zum Tatbestand Scheinselbständigkeit zu äußern und weitere Tatsachen oder andere rechtliche Aspekte anzubringen, die gegen die vermutete Scheinselbständigkeit sprechen.
Interessierte können sich diesbezüglich an die Clearingstelle wenden. Die Anschrift lautet:
Deutsche Rentenversicherung Bund
Clearingstelle für sozialversicherungsrechtliche Statusfragen
10704 Berlin
Für Rückfragen zur Scheinselbständigkeit gibt es eine kostenlose Service-Hotline unter der Telefonnummer 0800 10004800.
Sind Sie Scheinselbständiger, müssen Sie sich innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit bei Ihrem Rentenversicherungsträger melden. Dies gilt auch, wenn Sie einen Gründungszuschuss erhalten. Versäumen Sie diese Frist, können Beiträge nachgefordert werden.
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