Doppelte Haushaltsführung

Wohnung Kern
FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 6 K 134/11

Urteil des Berichterstatters vom 17.04.2013
Rechtskraft: Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: VI B 53/13
Normen: EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 Satz 6

Leitsatz:
1. Es muss im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles entschieden werden, ob der Steuerpflichtige einen Haushalt im Sinne der
doppelten Haushaltsführung unterhält.
2. Kann der Steuerpflichtige nicht nachweisen, dass er überhaupt etwas zum Haushalt beiträgt und halten die Eltern des erwachsenen Steuerpflichtigen, der
bereits mehrere Jahre nicht mehr zu Hause gewohnt hat, die Wohnung nur vor, liegt kein eigener Hausstand des Kindes vor.
ie Nichtanmeldung von Telefon, Fernsehen und Radio ist ein wesentliches Indiz gegen einen eigenen Hausstand des Kindes.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass
begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach Nr. 5 Satz 2 der Vorschrift vor, wenn der
Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.

In einem vom FG Hamburg entschiedenen Fall erklärte eine Steuerzahlerin Werbungskosten, die ihr aufgrund einer doppelten Haushaltsführung entstanden waren. Ihr Lebensmittelpunkt befinde sich nicht in ihrer Wohnung am Beschäftigungsort, sondern in der Einliegerwohnung im Haus ihrer Eltern, erklärte sie. Allerdings gab es keinen schriftlichen Mietvertrag und auch keine schriftliche Vereinbarung darüber, ob sie Kosten, die durch „ihre“ Einlieger-Wohnung entstanden sind, erstatten musste.
Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer ist entscheidend, dass er sich in dem Haushalt, im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeits- und urlaubsbedingte Abwesenheit, aufhält; denn allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist noch nicht als Unterhalten eines Hausstands zu bewerten. Ebenfalls wird ein eigener Hausstand nicht unterhalten, wenn der Arbeitnehmer die Haushaltsführung nicht zumindest mitbestimmt, sondern nur in einen fremden Haushalt –etwa in den der Eltern oder als Gast– eingegliedert ist.
Dann liegt keine eigene Haushaltsführung vor (BFH-Urteil vom 21. April 2010 VI R 26/09 in BFHE 230, 5, BStBl II 2012, 618, mit Hinweis auf BFH-Urteil vom 14. Juni 2007 VI R 60/05, BFHE 218, 229, BStBl II 2007, 890). Der eigene Hausstand muss vom Arbeitnehmer „unterhalten“ oder mitunterhalten werden. Unterhalten bedeutet die Führung eines Haushalts. Dazu gehört auch, dass der Arbeitnehmer für die Kosten des Haushalts aufkommt.In den Fällen, in denen dem Arbeitnehmer die Wohnung unentgeltlich überlassen wird, stellt sich in besonderer Weise die Frage, ob er einen eigenen Hausstand unterhält oder in einen fremden eingegliedert ist. Zwar ist die entgeltliche Einräumung einer Rechtsposition nicht Voraussetzung einer doppelten Haushaltsführung bei Alleinstehenden. Nutzt allerdings der Arbeitnehmer eine Wohnung unentgeltlich, ist stets sorgfältig zu prüfen, ob die Wohnung eine eigene oder die des Überlassenden, z. B. der Eltern, ist. Dabei ist das Merkmal der Entgeltlichkeit ein Indiz, das im Zusammenhang mit einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu einer zutreffenden Beurteilung führen kann, nicht jedoch eine unerlässliche Voraussetzung (conditio sine qua non) für die Beantwortung der Frage,ob ein eigener Hausstand unterhalten wird. Denn ein eigener Hausstand kann bei Kostentragung im Übrigen auch in einer unentgeltlich überlassenen Wohnung geführt werden. Hier gilt nichts anderes als bei einem Familienhaushalt, bei dem es, wie dargestellt, auf die finanzielle Beteiligung des auswärts Beschäftigten an der „Haushaltsführung“ ankommt (s. dazu auch BFH-Urteile vom 12. September 2000 VI R 165/97, BFHE 193, 282, BStBl II 2001, 29; vom 04. November 2003 VI R 170/99, BFHE 203, 386, BStBl II 2004, 16; vom 14. Oktober 2004 VI R 82/02, BFHE 207, 292, BStBl II 2005, 98). Dies gilt sowohl für die Überlassung der Wohnung selbst als auch für die Kostentragung im Übrigen. Zwischen dem Unterhalten eines eigenen Haushalts und der Frage, wer die Kosten dafür trägt, ist zu unterscheiden. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass ein alleinstehender Steuerpflichtiger auch dann einen eigenen Haushalt unterhält, wenn nicht er selbst, sondern Dritte für diese Kosten aufkommen. Denn eine eigene Haushaltsführung des auswärts Beschäftigten ist nicht zwingend ausgeschlossen, wenn sich dessen finanzielle Beteiligung am Haushalt nicht feststellen lässt, wie auch umgekehrt aus einem finanziellen Beitrag allein nicht zwingend auf das Unterhalten eines eigenen Haushalts zu schließen ist (BFH-Urteil vom 28. März 2012 VI R 87/10, BFHE 236, 553). Ob ein Steuerpflichtiger
in einer Wohnung einen eigenen Hausstand führt, kann mithin nur unter Berücksichtigung insbesondere der Einrichtung, der Ausstattung und der Größe eben
dieser Wohnung entschieden werden. Wird der Haushalt in einer in sich abgeschlossenen Wohnung geführt, die auch nach Größe und Ausstattung ein
eigenständiges Wohnen und Wirtschaften gestattet, wird regelmäßig vom Unterhalten eines eigenen Hausstands auszugehen sein.
Ein eigener Hausstand
kann auch dann unterhalten werden, wenn der Erst- oder Haupthausstand im Rahmen einer Wohngemeinschaft (mit den Eltern) geführt wird.
Es sind aber auch die persönlichen Lebensumstände, Alter und Personenstand des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. So wird regelmäßig ein junger Steuerpflichtiger, der nach Schulabschluss gerade eine Ausbildung begonnen hat, noch eher in den Haushalt seiner Eltern eingegliedert sein, wenn er im Haus der Eltern wohnt, selbst wenn er dort auch eigene Räume zur Verfügung hat. Hatte der Steuerpflichtige dagegen schon –etwa im Rahmen einer gefestigten Beziehung oder Ehe–andernorts einen eigenen Hausstand geführt, ist es regelmäßig nicht fernliegend, dass er einen solchen auch dann weiter unterhalten und fortführen wird, wenn er diesen aufgibt und wieder eine Wohnung im Haus seiner Eltern bezieht.

In diesem Urteil entschieden die Richter, dass die Eltern die Räume für Besuchszwecke der Tochter bereithielten und erkannten keine Werbungskosten an.

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