Die Erstellung von Anwendersoftware und der Freiberufler

The Hacker
Auch die Tätigkeit als Entwickler von Anwendersoftware kann eine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellen. Hierzu einige Anmerkungen:
Bisher wurde davon ausgegangen, dass das typische Berufsfeld für den an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule ausgebildeten Diplom-Informatiker nur das der Systemsoftware-Ent­wick­lung ist. Entsprechend der Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt wurde der Begriff erweitert. Das typische Berufsbild eines ­Diplom-Informatikers, das ursprünglich stark theoretisch ausgerichtet war, hat seit langem seinen Schwerpunkt von der Systemsoftware-Entwicklung auf das Gebiet der Anwendersoftware-Entwicklung verlagert. Grundlegende Probleme der Informatik seien in den 70er und 80er Jahren gelöst worden und die Systemsoftware sei weitestgehend standardisiert gewesen. Der Schwerpunkt habe sich daher in Richtung angewandte/praktische Informatik verlagert. Dementsprechend nimmt seither die Entwicklung der Anwendersoftware sowohl im Rahmen der Ausbildung als auch der Tätigkeit von Diplom-Informatikern mit wissenschaftlichem Abschluss einen breiten Raum ein. Zugleich haben Dissertationen mehr und mehr anwendungssoftwaretechnische Themen zum Gegenstand. Gegenstand der Forschungs- und Lehrtätigkeiten an den Hochschulen ist zur Zeit zunehmend die Entwicklung von großen und komplexen Anwendersoftware-Systemen. Entsprechende Lehrstühle für Softwaretechnologie, Softwareengineering oder Softwaretechnik sind eingerichtet. Für die Anwendung dieser Methoden – zumindest bei komplexeren Projekten – sei eine entsprechende naturwissenschaftliche Qualifikation notwendig.

Nicht jede Tätigkeit im Bereich der Entwicklung von Anwendersoftware ist allerdings eine freiberufliche i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (vgl. z. B. zur Trivialsoftware .

Ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung “Technische Informatik” erzielt nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 21.8.2007, EFG 2007, 1884) gewerbliche Einkünfte, wenn er als Netzwerk- und Systemadministrator tätig wird, denn diese Tätigkeit soll nicht die Voraussetzungen einer ingenieurmäßigen Entwicklung von System- oder Anwendungssoftware erfüllen. Das FG ist der Auffassung, dass es nicht auf die formale Qualifikation ankommt, sondern auf die tatsächlich durchgeührte Tätigkeit. Allerdings stellt sich die Frage, ob nicht zumindest bei der Betreuung hochkomplizierter Systeme das breite und tiefe Wissen des Ingenieurberufs erforderlich ist. Es ist m. E. also auch weiterhin immer der Einzelfall zu prüfen.
Eine Tätigkeit als Ingenieur zeichnet sich dadurch aus, dass sie durch die Wahrnehmung von für den Ingenieurberuf typischen Aufgaben geprägt wird. Welche
Zu den Aufgaben des Ingenieurs gehört es , auf der Grundlage naturwissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange technische Werke zu planen, zu konstruieren und ihre Fertigung zu überwachen. Typisch für den Beruf des Ingenieurs sind aber auch überwachende, kontrollierende und rein beratende Tätigkeiten, soweit sie nicht auf bloße Absatzförderung gerichtet sind. Kernbereiche des Ingenieurberufs sind im Einzelnen: Forschung und Lehre, Entwicklung, Konstruktion, Planung, Fertigung, Montage, Inbetriebnahme und Instandhaltung, Vertrieb, Beratung, Versuchs- und Prüfungswesen, technische Verwaltung und Betriebsführung, Produktions- und Prozesssteuerung, Sicherheit, Patent- und Normenwesen (vgl. BFH-Urt. v. 11.6.1985, BStBl II 1985, 584; v. 7.9.1989, BFH/NV 1991, 359; Brockhaus Enzyklopädie, 21. Aufl., Stichwort “Ingenieur”).
Auf dem Gebiet der EDV und der Informationstechnik gehören zu den Tätigkeiten von Ingenieuren nicht nur die Entwicklung und Konstruktion von Hard- und Software. Die Tätigkeit eines Ingenieurs umfasst nach der sehr deutlichen Urteilsbegründung des BFH auch die Entwicklung von Betriebssystemen und ihre Anpassung an die Bedürfnisse des Kunden, die rechnergestützte Steuerung, Überwachung und Optimierung industrieller Abläufe, den Aufbau, die Betreuung und Verwaltung von Firmennetzwerken und -servern, die Anpassung vorhandener Systeme an spezielle Produktionsbedingungen und Organisationsstrukturen sowie die Bereitstellung qualifizierter Dienstleistungen, wie etwa Benutzerservice und Schulung. Informatik-Ingenieure arbeiten u. a. auch in der Netz- und Systemadministration, sie beurteilen die Leistungsfähigkeit von Rechnernetzen oder bewerten die Energie­effi­zienz bestehender Systeme (zum Ganzen: Berufsinformationen der Bundesagentur für Arbeit, abrufbar unter www.berufenet.arbeitsagentur.de, Berufe “Ingenieur – Elektrotechnik/technische Informatik” und “Ingenieurinformatik”).

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.